Tüötten und Heimatmuseum Mettingen

Das ist immer einen Besuch wert!

Haus 1

DIE DREI FACHWERKHÄUSER
Das Ensemble der Häuser im Museumshof besteht aus drei Fach­werkhäusern des 19. Jahrhunderts, die typisch sind für das Teck­lenburger Land. Es handelt sich um Zweiständerbauten in Anker­balkenzimmerung mit Wandkamin im ersten Haus. Die Gesamt­anlage entstand von 1964 bis 1969. Das Haus Herkenhoff in Mettingen-Wiehe von 1807 (Haus 1) wurde abgebrochen, 1964 wieder aufgebaut und am 22. Juli 1966 der Öffentlichkeit übergeben. Diese Arbeiten wurden von der Mettinger Kolpingsfamilie geleistet. Das ehemalige Einfahrtstor des zuletzt nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Hauses erhielt ein einladendes barockes Deelentor, was un­typisch erscheinen mag.

Tüöttenmusem Mettingen

Tüöttenmusem Mettingen

Tüöttenmusem Mettingen


Es zeigt aber ähnlich wie in Bad Laer, Bramsehe oder Tecklenburg den Ein­fluss der städtischen Bauweise. Der vordere Gie­ belbalken trägt die Inschrift: „AN GOTTES SEGEN  IST ALLES GELEGEN JOHANNES HENRICUS MEI­ KNECHT CATARINA ALLEIT-SCHRAUMEIERS 1807“ Haus 2, das früher dem historischen Gasthaus Tel­ semeyer gegenüber stand, ist das ehemalige Ackerbürgerhaus Hemmetgarn von 1807. Nach alten Plänen wurde es 1968 originalgetreu nach­ gebaut. Nachgebaut wurde auch ein Heuerhaus des Brenninckhofes von 1854 aus Mettingen-Wiehe, ein Haus mit tief gezogenem Walm (Haus 3). Die drei miteinander verbundenen Fachwerkhäuser sind mit historischem Inventar und Hausrat ausgestattet und zeigen die Arbeits- und Wohnkultur eines alten Tüöttendorfes aus der Zeit vor etwa 100 Jahren.

Diele im Haus 1

Diele im Haus 1

Holzschumacher Werkstatt im Haus 2

Holzschumacher Werkstatt im Haus 2


Während die beiden Häuser 1 und 2 einen Einblick in die bäuer­liche Wohn- und Arbeitswelt vermitteln, zeigt Haus 3 Gegen­stände der materiellen Volkskultur. Dazu gehören sowohl Möbel und Hausrat als auch die traditionelle Kleidung (Tracht) und kunstvoll gestaltete Alltagsgegenstände.

 

Saal Wandmalereien

VON METTINGEN IN DIE WEITE WELT
Die beeindruckenden Panorama-Wandgemälde im Saal veranschaulichen die zwei großen Handelsstraßen
der Tüötten, der
,,Holländer“ und der „Überreicher“

Über der breiten Eingangsseite (von links nach rechts) sehen
wir ein historisches Dorfbild von Mettingen. Eine Postkutsche
gibt den Handelsweg der „Holländer“ an:
Von der ehemaligen
Kirchstraße aus geht die Fahrt in Richtung
Ibbenbüren – Rheine –
Bentheim – Oldenzaal – Deventer – Amersfort und schafft so die Verbindung mit dem Handelshafen Amsterdam.
Die erste „fahrende
Post“, die Mettingen berührte und von den Tüötten benutzt wurde, geht auf das Jahr 1664 zurück. Das eindrucksvolle Wandgemälde von Alt-Amsterdam mit den Schreierstoren zeigt die Abfahrtsstelle der Handelsschiffe. Hier liefen auch die Segelschiffe des Mettinger ten Brink nach Ostindien aus.


Auf der Eingangsseite (von rechts nach links) verfolgen wir
den Handelsweg der „überreicher“. Er führt von Mettingen über
Recke, Hopsten, den Lingenschen Postdamm nach Bremen,
Hamburg, Lübeck und in die nordischen Länder. Ein imposantes Wandgemälde von Lübeck beendet den Rundblick. Bei dem verfremdend wirkenden Bauernhaus rechts im Bild handelt es sich um den Stammhof der Familie Overbeck aus Mettingen, der uns auch im bunten Fensterbild des Tüöttenzimmers begegnet. Unter den Wandgemälden „Handelsweg der Holländer“ und „Lübeck“ ist eine Anzahl von Gravuren angeordnet. Sie zeigen u. a. die Häfen von Amsterdam und Batavia, Gebäude und Geschäftsstraßen von Amsterdam und charakteristische alte niederländische Trachten.

Upkammer

Die Upkammer

war das alte Gastzimmer und zugleich Gesell­schaftsraum des Hauses. Hier traf man sich zu Familienfeiern und gesellschaftlichen Veranstaltungen des Dorfes. Ein handge­schmiedetes Geländer mit den Reliefs Postkutsche und Tüötte an der kleinen Treppe, gefertigt vom Kunstschmied Felix Feld­mann, Tecklenburg, führt mit wenigen Stufen in den Raum. Der Besucher fühlt sich bei dem Anblick alter Möbel und Gemälde und den zahlreichen Bildern an den Wänden in vergangene Jahr­ hunderte versetzt. Ins Auge fällt ein altes Ölgemälde von Conrad Mohrmann 1763-1812, dessen Familie schon im Jahre 1653 in Mettingen nachweisbar ist. Ein Kachelgemälde mit Segelschiffen der Handelsgesellschaft ten Brink in Amsterdam von Rudolf Dolle erinnert an die Original-Kacheln, die sich im Privatbesitz einerTüöttenfamilie in den Niederlanden befinden.

Außerdem ist dort eine Nachbildung der Karavelle „Santa Maria“ zu sehen. Bilder von Geschäftshäusern und deren Gründern aus vielen europäischen Ländern, besonders aus den Niederlanden, geben Einblick in die Arbeits- und Lebenswelt der Tüöttenfamilien. Die Fensterbilder machen aufmerksam auf die zu Ende gehende alte Handwerkerzeit Fenster 1 zeigt Arbeitsvorgänge im Manufakturwaren-Bereich: die Nähstube, die Schneiderwerkstatt, das Stoffmagazin, darunter den Herrn im Maß­ anzug, Maß nehmen an einem Kunden und einen Knaben im Matrosenanzug. Um 1850 lösen mechanische Spinn- und Webstühle die Handarbeit ab (s. Fenster 2). 1850 gründete die Firma Kümpers in Rheine eine mechanische Spinnerei mit 1500 Spindeln und 1858 eine mechanische Weberei mit 200 englischen Webstühlen. Das Warenangebot in unterschiedlichen Preislagen wurde dadurch bedeutend größer und reichhaltiger. Nach 1870 nimmt die Serienanfertigung mit dem Matrosenanzug ihren Anfang. Der blaue Knabenanzug fand überall Anklang, und bald entwickelte sich Konfektionsklei­ dung in allen Bereichen zu einem Verkaufsschlager. Erweiterun­gen und Neugründungen der Geschäftshäuser in vielen Städten und Orten wurden notwendig.

Das Gewölbe

Das Gewölbe vereint Geschichte und geschichtliche Darstellung auf engstem Raum: Die Firma Moormann & ten Brink gründete hier um 1795 eine Bank und Wechselstube; eine Tafel weist darauf hin. Die Handelsgesellschaft „Jan ten Brink & Co.“ war 1750 gegründet worden und besaß in der Blütezeit des Fernhandels zirka 300 Segelschiffe. Die Kontinentalsperre Napoleons 1., die 1806 den Handel des europäischen Festlands mit Großbritannien und der Welt verhinderte, ruinierte auch das Mettinger Unternehmen. Die Großhandelsgesellschaft ten Brink & Co. ging um 1810 in Konkurs.

DIE GEHEIMSPRACHE DER TÜÖTTEN
Das Wandbild (im Gewölbe) zeigt zwei Tüötten im Gepräch. Ein Außenstehender hätte sie wohl kaum verstehen können. Die Tüötten bedienten sich bei ihren Geschäften des „Bargunsch“ oder „Humpisch“, einem Gemisch von Ausdrücken aus dem Jiddischen, Niederdeutschen, Lateinischen, Französischen und anderen Sprachen.
Auf der Geschäftsreise konnten sich die Tüötten in dieser Geheimsprache warnen, zugleich waren ihre Notiz- und Auftragsbücher für Fremde nicht lesbar. Auch ein Gespräch darüber, wie die zahlreichen Zoll- und Wegegeldstellen zu umgehen waren, blieb so geheim. Allein von Hamburg nach Schlesien waren 26 Zollstellen zu passieren. Der Recker Louis Stüve hat 1923 eine
wissenschaftliche Abhandlung über „Die Tiöttensprache“ verfasst.
Im oberen Teil des Fensters links sehen sie Beispiele aus der
Geheimsprache:
– ein Gebetbuch – Nosterplügge
– einen Hut in Zylinderform – Tiemes

– eine Theke mit Bierfass und Flaschen, also ein Gasthaus – Tispel
– Soim-Kasser, ein Soimer ist ein Kaufmann
und Kasser das Ladengeschäft
– Büchte –
eine Art Rucksack – Rippert – ein Bett
Quäs Humpisch: Sprich die Geheimsprache- De Tüötten strüche/ten, um Büchte te quinten. – Die Tüötten reisten umher, um Geld zu verdienen. Mit Strücheln un Klinken lichten wöt menige fitse Külter versoimt. – Mit Reisen und Türenaufmachen wurde manches gute Bett verkauft. In’n Tispel bi’n fitsen Butt wöt de Rödel bequässt. – In der Kneipe bei einem guten Essen wurde der Handel besprochen. De Soimkassen käump later. Das Ladengeschäft kam später.

Bei einem Besuch des Museums können sie noch viel mehr entdecken.

Das Tüöttenzimmer

ZUR ENTWICKLUNG DES TÜÖTTENHANDELS
Wer das Romantik Hotel Telsemeyer am Markt von der Sunderstraße aus betritt und sofort nach rechts geht findet das Tüöttenzimmer.
Im Tüöttenzimmer wird in den Bildern der beiden Fenster und
den Gemälden an den Wänden dargestellt, wie der Tüöttenhandel an Bedeutung gewinnt. Bereits im 17. Jahrhundert führten die Tüötten einen lebhaften Handel mit den Niederlanden. Mit Planwagen und Postkutsche wurde die Verbindung aufrecht erhalten
(Fenster 1 links). Wie im Panorama-Bild gezeigt wird, führte eine 1664 in Osnabrück eingerichtete private Postverbindung nach Holland über Ibbenbüren und Rheine. Hier erhielt sie später einen wöchentlichen Anschluss an eine direkte Verbindung zwischen Münster und Amsterdam. Die Benutzung des Postwagens mit 25 Pfund Gepäck kostete 1700 von Münster nach Rheine 14 Schillinge und bis Amsterdam 5 Reichstaler und 27 Groschen.

Ein Besuch dieser Räume ist immer wieder interessant!

Alte Gaststube

EIN HAUS MIT TRADITION
Wer das Romantik Hotel Telsemeyer am Markt von der Sunderstraße aus betritt, dem eröffnen sich Einblicke in die Arbeits- und Lebenswelt des alten Gast- und Handelshauses. Mittelpunkt war die mit alten Kacheln ausgestattete Herdstelle. In diesem vorderen Bereich, dem Dielenraum, befanden sich früher nicht nur Küche und Ausschank, sondern auch ein Kolonialwarenladen: Kaffee, Tee, Kakao und Tabak aus den „Kolonien“, aber auch Zucker, Salz und alle anderen Lebensmittel wurden hier angeboten. Dieses historische Gasthaus wurde 1780 als Handelshaus der Familie Moormann erbaut. Der Fachwerkbau gelangte 1824 in den Besitz des Kaufmanns Bernhard Hermann Telsemeyer und seiner Familie. 1867 erhielt das Gasthaus Telsemeyer einen Saal, der wohl der erste in Mettingen war, 1954 wurde es vom damaligen Eigentümer, der Familie Langemeyer, großzügig zum Hotel umgebaut. Inhaber des Hotels war seit 1957 die Familie Overwaul. Heute wird das Hotel von der Familie Weber-Patte geführt.
Der Dielenraum enthält viele interessante Erinnerungen an die Tüottenzeit. Links vom Kamin ist die alte Mettinger Poststation bei Meyknecht-Grotemeyer dargestellt, eine Kachel-Malerei von Eugen Teeken. Von dort gingen die Postkutschen ab, mit denen die Tüötten den Kontakt zu ihren Handelshäusern in Deutschland und den Niederlanden hielten, während die Angehörigen in Mettingen lebten. Um 1887 hatten Familien von 58 Kaufleuten ihren Wohnsitz in Mettingen.Der rechtwinklig angebaute so genannte „Flügel“, der heute zum Hotel gehört, war 1790 das erste zweistöckige Haus in Mettingen. Er diente damals als Warenlager, war ab 1834 Dorfknabenschule. 194o wurde an dieser Stelle eine Apotheke errichtet. Beim Umbau 1979 wurde das Gebäude dem Hotel eingegliedert. Eine neue Apotheke entstand gleich in der Nachbarschaft. Links vom Eingang in die historische Gaststube geht es über eine kleine Treppe hinauf in die so genannte Upkammer, die als Gesellschaftszimmer diente. Alle vier Wände sind ausgestattet mit Darstellungen aus der Tüöttengeschichte. Viele stammen von Eugen Teeken, wie auch die Glasmalereien des Museums
und die Wandbilder. Hier drei Bilder (Archiv des Heimatvereins) von einst und heute.

Postkutsche

Diesen Eindruck bekommt man heute beim Eintritt!

Museums Geschichte

ZUR GRÜNDUNGSGESCHICHTE

Anfang der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts mach­ten sich Tüötten-Nachfahren und engagierte Mitglieder des Hei­matvereins Mettingen gemeinsam ans Werk, die Geschichte und Lebenswelt ihrer Vorfahren aus Mettingen, Recke und Hopsten zu dokumentieren. Um sie der Nachwelt lebendig zu erhalten, sollte kein Museum im landläufigen Sinn entstehen. Deshalb entschieden sich die Initiatoren für eine Dokumentationsstätte in dem historischen Gasthaus Telsemeyer.
In fünf Gasträumen sind die Besucher von Kulturgut früherer Jahrhunderte umgeben. Glas- und Wandmalereien berichten aus der Geschichte Mettingens und geben Einblick in das Leben der Tüötten und ihrer Familien.
Zur 100-Jahr-Feier der Rektorat- und Knabenrealschule des Vereins der Schulfreunde am 23. Juli 1962 wurde das museale Gasthaus- bekannt als Hotel Telsemeyer – wiedereröffnet.
Als Mitte der sechziger Jahre mit der beginnenden Ortssanie­rung in Mettingen zahlreiche alte Häuser weichen mussten, ergriff der Heimatverein unter der weitsichtigen Leitung seines Freundes und Förderers Franz Brenninkmeyer die Initiative zur Erweiterung des Museums. Drei Mettinger Fachwerkhäuser wur­den in den Jahren 1966 – 1968 im Garten des Hotels wieder aufge­baut. Die drei miteinander verbundenen Häuser geben Einblick in die Wohnkultur des alten Dorfes und Raum für kleinere Wech­selausstellungen.

So ist ein „Museum im Museum“ entstanden, das dem Besu­cher etwas vermittelt von der harten Arbeitswelt im bäuerlichen Dorfleben und dem unternehmerischen Mut und Handelsgeist der Tüötten, die über die Grenzen unseres Kontinents hinaus Geschichte gemacht haben.

Franz Brenninkmeyer (1896-1972)
erhielt im Jahre 1969 den Ehrenbürgerbrief der Gemeinde Mettin­gen. Darin wurden u. a. seine besonderen Ver­dienste auf wirtschaftli­chem, sozialem und heimatgeschichtlichem Gebiet gewürdigt.